Jazz and improvised music

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Release:


Ulrich Lask – Polar Circles


Ulrich Lask alto saxophone, clarinet, electronics

Polar Circles

Die deutsche Sehnsucht nach dem Norden ist mittlerweile sprichwörtlich. Neben der Kriminalliteratur hat sie seit Jahren ihr Spielfeld in den vielen aus Jazzquellen in Esoterik und Folklorismus führenden vorgeblich „nordischen“ Musiken (von denen, vom Norden aus gesehen, sich durchaus nicht wenige als merkwürdige Projektionen erweisen). Das einsame, lyrisch hohe Saxophon ist zu Synonym dieses Musikgefühls der herbschönen, nordischen Art geworden. Und manchmal hatte man wirklich genug davon.

Nicht so bei Ulrich Lasks „Polar Circles“. Ja, diese Musik ist schön, auf frappierende Weise schön durch den Wohlklang der Instrumente (Saxophon, Klarinetten und Sampler) und sie ist ergreifend durch die Reduktion auf die elementarsten Bausteine, auf Tonleitern, Zwei- und Dreiklänge. Wir stehen im Raum einer kleinen lappländischen Holzkirche und lauschen dieser Schönheit hinterher, die in jeder Wendung überrascht und zugleich überzeugt: „Ja, genauso musste es sein“, sagt das mithörende Bewusstsein, ohne dass man während des Hörens je einen Schritt hätte vorausahnen können. Und genau diese Klarheit und Selbstverständlichkeit macht „Polar Circles“ immun gegen jede Anwandlung von Kitsch.

Denn Lask ist, wie immer, ein rigoroser Planer und überlässt nichts dem Zufall. Seine reichen Mittel setzt er äußerst skrupulös ein. Beim Hören von „Polar Circles“ stellt sich daher das Gefühl völliger Unabweisbarkeit selbst der kleinsten Einzelheit ein. Erst beim späteren Nachdenken über diese Musik ahnt man, welch langer Weg, welche rigide Auswahl des Materials ihr zugrunde liegt.

„Polar Circles“ ist Ergebnis eines langen Weges und einer tiefen Erfahrung. Das macht, in einem Umfeld der zynischen Schnellschüsse, diese Produktion zu einer Ausnahme. Ihre Besonderheit verdankt sich nicht einer rebellischen Geste, sondern umgekehrt dem Bestehen auf der Möglichkeit der Schönheit in einer aktuellen, hoch reflektierten Musik. Manche werden diese Haltung konservativ finden, man könnte sie aber mit einigem Recht auch subversiv nennen.

 

Berthold Franke

Goethe-Institut Stockholm